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    La visualisation éphémère d'une idée:
    "Eine zeitlich begrenzte Sichtbarmachung einer Idee"
    "Antoine de St. Exupéry und Toulouse. 
    Eine Spurensuche aus heutiger Sicht."
    
    Thema meiner Diplomarbeit 1995
    an der Fachhochschule Würzburg/Schweinfurt, Fachbereich Gestaltung
    und der Ecole Superieure des Beaux-Arts de Toulouse/Frankreich.
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
 
    
    
    

    


 
    
 
        Mitteilungsblatt von Cornebarrieu, April 1995
      
Nach über zehn Jahren, im November 2006, 
            erscheint der kleine Prinz wieder in der Öffentlichkeit.
            Ein französisches Ministerium veröffentlicht den "kleinen 
            Prinzen" auf ihrem Magazin gleich auf zwei Seiten .
            Ganze Titelseite und eine ganze Seite innen. Das freut.
Hier mein Colloquium meiner Diplomarnbeit:
Bon 
            soir Mesdames et Mesieurs,
            j’aimerais vous emmener dans le monde de la fantaisie.
            ich begrüße meinen Prüfer Frieder Grindler und Herrn 
            Norbert Kurz, der Herrn Wagner vom Süddeutschen Rundfunk vertritt 
            und begrüße euch alle zu meinem Colloquium. 
            »Man sieht nur mit dem Herzen gut«, lernte ich vom kleinen 
            Prinzen im Werk des Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry, 
            der nicht nur Schriftsteller, sondern Flieger und ein französischer 
            Nationalheld war.
            Wahrscheinlich war es wohl meine innerliche Verbundenheit mit der 
            Stadt Toulouse und seiner Region, die ich vor drei Jahren während 
            eines Auslands-semesters kennenlernte, die mich heute vor euch mit 
            diesem Diplom brachte mit dem Arbeitstitel »Antoine de Saint-Exupéry 
            und Toulouse. Eine Spurensuche aus heutiger Sicht.« 
            Denn eines meiner Lieblingsbücher war und ist immer noch »Der 
            kleine Prinz«, das Saint-Exupéry im Exil, im Sommer 1943 
            in New York geschrieben hat. Als es erschien, »hörte mitten 
            im 2.Weltkrieg ganz Amerika die unvertilgbare, alles Kriegerische, 
            jegliche Propaganda hell übertönende Musik der Weltoffenheit 
            und des allseitigen Vertrautseins... Schaut hinter die Dinge, findet 
            euer Eigentliches in euch selbst, erkennt und rettet den Menschen!«
            Wer war dieser Mann, dessen Bücher Preise errangen, dessen Buch 
            »Wind, Sand und Sterne« auch in jedem deutschen U-Boot 
            und auf jedem Fliegerhorst gelesen wurde?
            Hermann Göring ließ weitere Nachdrucke zu, obwohl französische 
            Literatur schon allgemein verboten war.
            Hier ein kurzer Überblick über das Leben von St-Ex, wie 
            ihn seine Freunde nennen durften. 
            Er wurde am 29. Juni 1900 in Lyon/Frankreich geboren.
            Alle folgenden Jahreszahlen geben also auch immer das Alter des Fliegers 
            und Poeten Saint-Exupérys an.
            Sein Vater, Graf Jean-Marie de Saint-Exupéry war Versicherungsinspektor 
            und starb schon 4 Jahre später. Die Mutter, Marie de Fonscolombe 
            verbrachte danach mit ihren 5 Kindern die Sommer in den Schlössern 
            der Großmutter und einer Tante.
            Der kleine Antoine war ein blonder Junge und wurde damals deshalb 
            »Sonnenkönig« genannt. Man glaubt, daß der 
            »Kleine Prinz« autobiographische Züge aufweist. Schon 
            sehr früh zeigte sich seine Vorliebe für Flugobjekte und 
            für das Fliegen, mit 12 Jahren flog er zum erstenmal. Seine Schulzeit 
            war eher schwierig- Abitur in der Schweiz, danach Versuch, an die 
            Ecole Navale (Seekadettenschule) zu gelangen. Hier fiel er im Mündlichen 
            durch. Danach besuchte er die Ecole des Beaux-Arts in Paris. Mit 21 
            Jahren trat er seinen Militärdienst an und wurde dem 2. Fliegergeschwader 
            zugeteilt, allerdings nur den Reparaturwerkstätten. Aber er nahm 
            Flugunterricht auf eigene Kosten. Endlich war er am Ziel seiner Wünsche 
            - er durfte fliegen!
            Es folgten ein Aufenthalt in Nordafrika als Offiziersschüler 
            in Marokko, die Versetzung zum 33.Fliegergeschwader nach Le Bourget 
            bei Paris. Auf Drängen der Familie seiner Verlobten Louise de 
            Vilmorin hörte er mit dem Fliegen auf, arbeitete zuerst als Büroangestellter 
            in einer Ziegelei und später als Verkäufer von Lastwagen 
            für die Automobilwerke Saurer, wozu er aber nicht geeignet war. 
            In achtzehn Monaten verkaufte er nur einen einzigen Lastwagen. Diese 
            Tätigkeit stand ebenso wie der Bürodienst »seinen 
            poetisch-romantischen Ikarus-Sehnsüchten diametral gegenüber«. 
            Noch im gleichen Jahr löste er sich von seiner Verlobten.
            1926 veröffentlichte er seine erste Novelle »L’aviateur« 
            »Der Flieger« und fing in Toulouse bei der Firma Latécoère 
            an zu arbeiten, wo er für die Kontrolle und Abnahme von Flugzeuginstrumenten 
            eingesetzt wurde. Die Zeit in Toulouse begann. Es war der Wendepunkt 
            in seinem Leben. Mit 27 Jahren durfte er als Pilot die Postflüge 
            auf der Strecke Toulouse-Casablanca und Casablanca-Dakar übernehmen.
            1928 wurde er Postenchef des Flugplatzes in Cap Juby/Afrika. Veröffentlichung 
            des Buches »Südkurier«, das dort entstand.
            Darin beschrieb er das Schicksal der Postroutenflieger auf der Latécoère-Linie 
            Toulouse über Casablanca nach Dakar. Cap Juby war ein Fort, eine 
            Zwischenstation für die Postflieger. 
            Mit 29 Jahren wurde er zum Betriebsdirektor der Fluggesellschaft Aéropostale 
            Argentina in Buenos Aires ernannt.
            1930 Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion für Verdienste um die 
            zivile Luftfahrt in Cap Juby. Er rettete seinen Freund Guillaumet, 
            der in den Anden in einem Schneesturm abgestürzt war. 
            1931 heiratete er die Argentinierin Consuelo Souncin, die junge Witwe 
            eines Journalisten und veröffentlicht »Nachtflug«, 
            wofür er wenig später den »Prix Fémina« 
            erhält. 
            1935 stürzte er bei dem Langstreckenflugsversuch in der Algerischen 
            Wüste ab und wurde erst nach fünf Tagen von einer Karawane 
            gerettet. Diese Erlebnisse verarbeitete er für sein Buch »Die 
            Stadt in der Wüste«, das erst nach seinem Tod erschien.
            1938 Absturz in Guatemala bei einem Langstreckenflug New York-Feuerland, 
            wobei er schwere Verletzungen erlitt. Diese Zeit aber nutzte er, um 
            die Texte von »Wind, Sand und Sterne« zu überarbeiten. 
            Ernennung zum Offizier der Ehrenlegion. 
            1939 Veröffentlichung von »Wind, Sand und Sterne«, 
            das den Romanpreis der Académie Francaise erhielt und in Amerika 
            zum Buch des Monats gewählt wurde. In Europa brach im September 
            1939 der 2. Weltkrieg aus. Er kehrte sofort nach Toulouse zurück, 
            und wurde der Fernaufklärergruppe 2/33 zugeteilt. Während 
            Paris schon von den Deutschen besetzt war, unternahm er einen Aufklärungsflug 
            nach Arras, bei dem er in rasenden Feindbeschuß geriet. Dieses 
            Erlebnis war Grundlage für sein nächstes Buch, das an die 
            Menschlichkeit appelierte: »Jeder ist für alle verantwortlich«. 
            1940 reiste er über Marokko und Portugal nach New York.
            1942 Veröffentlichung von »Flug nach Arras«. 
            1943 Veröffentlichung von »Brief an einen Ausgelieferten« 
            ein Brief an seinen inhaftierten Freund, den Juden Léon Werth. 
            Auch den »Kleinen Prinz« widmet er Léon Werth.
            Ich dachte, daß es in Toulouse, der Stadt, die ihm so viel bedeutet 
            haben mußte, eigentlich viele Spuren von ihm zu sehen sein würden.
            Es gibt noch das »Hôtel du Grand Balcon« in dem 
            er und alle seine Fliegerkameraden wohnten. Die Flieger logierten 
            in den unteren Etagen, die Mechaniker in den Mansarden. Das Hotel 
            ist auch noch fast in dem Zustand dieser Zeit. Das Foyer läßt 
            einem ein wenig von dem Ambiente verspüren, das wohl in den dreißiger 
            Jahren geherrscht hat. Die Zimmer sind kaum verändert. Um einmal 
            diese Atmosphäre selbst zu erleben, quartierte ich mich für 
            ein paar Tage in eines der Zimmer ein, worüber Saint-Ex schrieb: 
            »Dieses Zimmer war wirklich eine kleine Rettungsinsel in der 
            weiten Welt, wie eine Matrosenherberge... Aber oft hieß es in 
            der Nacht, sich losmachen... das Zimmer vom eigenen Ich entblößen, 
            samt den Photos und Büchern, und es endlich verlassen... so leergeräumt, 
            daß auch kein Gespenst mehr darin bleiben möchte.« 
            
            Ein Hotel, das damals und noch heute eine magische Adresse in Fliegerkreisen 
            ist. Doch es herrscht nun einmal die Hektik unseres Jahrzehnts in 
            und um das Hotel, die mir einige schlaflose Nächte bereitete. 
            Der Flughafen jener Zeit mußte einem neuen weichen, auf dem 
            Flugzeuge wie die neuen Airbusse 320 oder 319 gewartet werden, das 
            modernste Wartungszentrum Europas. 
            An St.-Exupéry erinnern auch die »Avenue Antoine de Saint-Exupéry« 
            und die »rue du petit prince«, beide in der Nähe 
            des ehemaligen Flughafens.
            Sein Name steht über Bars, Geschäften und öffentlichen 
            Einrichtungen. Auch der Name »petit prince« wird in Toulouse 
            zu Werbezwecken verwendet. Toulouse wird von circa 100000 Studenten 
            bevölkert und wird »La ville rose« oder auch »Metropole 
            d’equilibre« genannt.
            Der Kleine Prinz, das Buch, das er 1943 in New York geschrieben hat, 
            war wie ein Märchen für Kinder angelegt, wandte sich aber 
            auch an die Erwachsenen, wollte sie aufrütteln und an ihre Verantwortung 
            erinnern. Der Inhalt ist phantastisch unwirklich, die Botschaften 
            real und immer gültig. Der kleine Prinz pflegt liebevoll seine 
            Rose, die nicht nur schön, sondern auch anspruchsvoll und eitel 
            ist. Er rupft ständig die Wurzeln der riesigen Affenbrotbäume 
            heraus, daß sie nicht zu groß werden und den Planeten 
            sprengen. Der »Kleine Prinz« geht dann auf eine Reise, 
            von einem Asteroiden zum anderen, auf denen er Menschen trifft wie 
            einen Laternenanzünder, einen Säufer, einen Geschäftsmann, 
            einen Weichensteller, einen Wasserträger, einen Geographen, einen 
            König, den Fuchs, die Schlange und schließlich auf der 
            Erde, wohin ihn der Geograph geschickt hatte, auch Antoine de Saint-Exupéry, 
            der als Flieger in der Wüste notgelandet war. Der Fuchs gibt 
            ihm einige Antworten auf den Sinn des Lebens und zum Tod. »Adieu«, 
            sagte der Fuchs.»Hier ist mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: 
            »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für 
            das Auge unsichtbar«. Der Fuchs hatte dem Kleinen Prinzen gelehrt, 
            daß Freundschaft und Liebe darin bestehen, für den anderen 
            Verantwortung zu tragen. »Du bist zeitlebens verantwortlich 
            für das, was du dir vertraut gemacht hast.« Die kleine 
            gelbe Schlange im Sand in der Wüste wählte Saint-Exupéry 
            als Gleichnis für den Tod. Der kleine Prinz geht freiwillig zurück 
            zu seinem Stern, obwohl er Angst hat. er will wieder zu seiner Rose. 
            Er läßt seinen Körper zurück, nachdem die Schlange 
            ihr Gift in seinen Fuß gespritzt hat.
            In der Zeitschrift Time wird damals festgestellt, daß dieses 
            »Märchen für Erwachsene... den erwachsenen Menschen 
            herausfordert und den Verlust des Kindes im Menschen beklagt«.
            Das Buch wurde bis heute 40 Millionen mal weltweit verkauft und in 
            90 Sprachen übersetzt.
            Als Dichter hat Antoine de Saint-Exupéry als erster den Himmel 
            und die Sicht von oben auf die Erde in die Literatur eingeführt. 
            Seine Erlebnisse während des Fliegens, seine Abenteuer mit Aufständischen, 
            seine waghalsigen Rettungsflüge abgestürzter Kameraden und 
            auch seine philosophischen Gedankengänge machten ihn unsterblich. 
            
            Seine Nase brachte ihm den Spitznamen »pique la lune« 
            »Mondgucker« ein. Seine Fliegerkameraden verehrten ihn
            Sein Tod ist mysteriös geblieben. Er starb am 31. Juli 1944 als 
            Flieger bei einer Aüfklärungsstaffel, die von Korsika aus 
            das französische Festland erkundete.
            Von seinem letzten Flug, den man ihm gestattet hatte, kehrte er nicht 
            zurück. Es sollte sein letzter werden, denn St.-Ex war eigentlich 
            zum Fliegen schon viel zu alt. Seine Freunde wollten auch verhindern, 
            daß er umkommt. Vermutungen, daß ein deutscher Jagdflieger 
            ihn abgeschossen hat, lagen nahe, konnten aber nicht bestätigt 
            werden. Er half aktiv mit bei der Befreiung Europas wie die amerikanischen 
            Soldaten, die für die Freiheit aller Menschen kämpften.
            Nie hat man sein Flugzeug, noch seinen Körper gefunden. Wie der 
            »Kleine Prinz« im Buch blieb Antoine de Saint-Exupéry 
            verschwunden.
            Dies ließ im Laufe der Jahre eine Art Mythos entstehen, der 
            der Bekanntheit St-Exupérys sehr zuträglich war. Es wiederholten 
            sich die Worte des »Kleinen Prinzen«: »Es wird aussehen, 
            als wäre ich tot, und das wird nicht wahr sein«. In »Wind, 
            Sand und Sterne« hatte Saint-Exupéry den Unterschied 
            zwischen Todesbereitschaft aus Verantwortung und erbärmlichem 
            Selbstmord aus Liebeskummer betont: »Gegenüber diesem kläglichen 
            Schicksal erinnerte ich mich eines wirklichen Männertodes, des 
            Sterbens eines Gärtners, der mir sagte: Wissen Sie, manchmal 
            habe ich beim Graben tüchtig geschwitzt, und das Reißen 
            im Bein war kaum auszuhalten, und ich habe über die Knechtschaft 
            geflucht. Und heute, da möchte ich graben, das Land umgraben; 
            nichts kommt mir schöner vor als Graben. Dabei ist man doch frei. 
            Und wer wird nun meine Bäume verschneiden? Auch St.-Ex war allemFruchtland 
            und allen Fruchtbäumen der ganzen Welt in Liebe verbunden. Er 
            war der Freigiebige, er war der Verschwender, der große Herr.« 
            In einem Brief schrieb er: »Ich war dazu geschaffen, Gärtner 
            zu sein«. Die Werke St-Exs waren für die Menschen wertvoll, 
            nicht nur während des zweiten Weltkrieges, sondern auch für 
            die Jugend, die das heutige Europa aufbaute.
            Er bejahte die Technik, sofern sie nicht nur die menschlichen Kräfte 
            erweitert, sondern ethisch gemeistert, eine die Menschlichkeit umfassende 
            Liebe ermöglicht.
            Seine Literatur gehört zum neuen Realismus. Die Maschine wird 
            zum Symbol des Geistes erhoben und soll echten Humanismus ermöglichen. 
            
            Kurz nach dem Krieg fragte eine französische Studentin den deutschen 
            VerlegerKarl Rauch, warum denn Saint-Exupéry’s Bücher 
            so unerhört großen Erfolg bei den jungen Deutschen haben. 
            Er antwortete: »Weil sich hier das bessere Frankreich mit dem 
            besseren Deutschland begegnet. C’est tout.«
            Für mich reduzierte sich Antoine de Saint-Exupéry auf 
            das Bild des »Kleinen Prinzen«. 
            Ein Franzose, der nicht weit des damaligen Flughafens wohnt, erzählte 
            mir eines Tages etwas Entscheidendes, das mich auf meine Idee brachte. 
            Zu Zeiten von Antoine de Saint-Exupéry war es noch etwas Aufregendes, 
            ein Flugzeug zu sehen. 
            Auch die Piloten von damals bewunderte man als Helden. Heute beachtet 
            man zwar auch noch die Flugkapitäne, aber man weiß auch, 
            daß ihnen eine ausgefeilte Technik zur Seite steht, die den 
            ersten Piloten fehlte. Mein Gedanke war nun, gerade für die heutigen 
            Piloten und ihre Passagiere eine Spur von St-Ex so in die Erde einzugraben, 
            daß man sie aus der Luft beim Landeanflug auf Toulouse von hoch 
            oben sehen könnte. Ich wollte die Piloten und die Menschen wieder 
            an St-Ex, an die Anfänge der Fliegerei und besonders an die Botschaften 
            des Kleinen Prinzen an die Menschheit erinnern.
            Ich vergrößerte den »Kleinen Prinzen« gewaltig, 
            auf hundert Meter Länge und vierzig Meter Breite und platzierte 
            ihn genau in der Einflugschneise des heutigen Flughafens von Toulouse. 
            Um meine Spur von Antoine de Saint-Exupéry zu sehen, mußte 
            man sich folglich von der Erde lösen und das Bild auf der Erde 
            von einem Flugzeug aus betrachten, so wie der Schriftsteller die Erde 
            betrachtet hat.
            So suchte ich nun in der Einflugschneise nach einer Wiese. Wiesen 
            haben den Vorteil, daß das Heu, das man davon erntet, heutzutage 
            keinen besonderen finanziellen Gewinn für den Landwirt bedeutet. 
            Daher wäre die Pacht für meine Zwecke wahrscheinlich sehr 
            günstig. Günstiger als vielleicht ein Weizen- oder ein Maisfeld.
            An einem sonnigen Tag fuhr ich mit meinem Auto in das Gebiet nördlich 
            des Flughafens Toulouse/Blagnac, orientierte mich an den einfliegenden 
            Flugzeugen und durchforstete es. Mit einem Auge auf der Straße, 
            mit dem anderen auf den Flugzeugen. Schließlich, auf der »Route 
            de Seihl«, eine Straße, die in etwa 500 Meter Entfernung 
            der zwei Pisten liegt, kam ich an einer Wiese vorbei, der eine Eichenallee 
            folgte und dieser sich wiederum eine Wiese anschloß. Beide Wiesen 
            hatten, laut Kilometeranzeiger, eine geschätzte Länge von 
            circa 200 Metern. Diese gehörten zu dem Gebiet der »Commune 
            de Cornebarrieu«, einer Gemeinde von etwa 3000 Einwohnern.
            Ich sagte mir, das ist es, wendete mein Auto und fuhr zurück, 
            um in die Eichenallee einzufahren. Mir war etwas mulmig zumute. Denn 
            mein Gefühl sagte mir: Eine dieser zwei Wiesen oder keine. Es 
            stand also viel auf dem Spiel. Am Ende der Allee angelangt, stieß 
            ich auf das große Portal eines Bauernhofes. Ich stieg aus und 
            sah seitlich in einem Gemüsegarten zwei Männer, die ich 
            ansprach und fragte, wer denn der Besitzer der beiden Wiesen sei. 
            Der Ältere, so um die siebzig, erklärte mir, daß er 
            der »Patron« der »Domaine de Fiteau« sei, 
            der die Wiesen angehören. Nach einer etwa fünfminütigen 
            Vorstellung meiner Person und meines Vorhabens, fing der Bauer an, 
            mich genauer auszufragen. Er prüfte mich auf Herz und Nieren. 
            Dadurch erfuhr er unter vielem anderen auch, daß ich aus dem 
            Weinland Franken komme. Und da er eigentlich kein Geld wollte als 
            Pacht, forderte er mich auf, eine große Flasche Frankenwein 
            mitzubringen, wenn ich das nächstemal aus Deutschland nach Toulouse 
            zurückkehre. Da das Gespräch im November war und ich über 
            Weihnachten nach Hause fahren wollte, war dies kein Problem. Am Ende 
            sagte er mir noch, er hätte nur deswegen ja gesagt, weil heute 
            ein so schöner Tag gewesen sei und er gut gelaunt war. Einen 
            französischen Bauern, wie er im Lehrbuch steht, konnte ich mir 
            vertraut machen und für meine Idee gewinnen, so wie der Kleine 
            Prinz sich den Fuchs vertraut machen konnte. Vielleicht nur durch 
            ein Lächeln?
            Ich dachte an St-Ex:
            »Ein Lächeln ist oft das Wesentliche.
            Man wird mit einem Lächeln belohnt. 
            Man wird durch ein Lächeln belebt.«
            Was nun aber kam. war wohl der schwierigste und der aufwendigere Teil 
            der Arbeit. 
            Ich beabsichtigte, das Bild des Kleinen Prinzen aus der Höhe 
            mit Blumen zu zeigen. Ganz im Sinne von Antoine de Saint-Exupéry, 
            der sagte: „Wir Menschen sind wie Blumen. Sie sind nur etwas 
            vergänglicher.“
            Warum mit Blumen:? Sie verwelken irgendwann und werden wieder eins 
            mit der Erde.
            Also brauchte ich nun Blumen. Leuchtende Farben sollten sie haben, 
            wie gelb und orange wegen der besseren Sichtbarkeit aus der Luft. 
            Rosen oder Tulpen waren zu teuer. Um eine flächendeckende Bepflanzung 
            zu erhalten, hätte ich zigtausende Rosensetzlinge oder Tulpenzwiebeln 
            benötigt. Das geackerte Bild hatte immerhin eine Länge von 
            hundert Metern und eine Fläche von circa 600 Quadratmetern. Fachliteratur 
            und andere hilfreiche Mitmenschen rieten mir zu den Ringelblumen. 
            Robust, bescheiden, was die Böden angeht, schnellwüchsig 
            und einjährig, aber dennoch teuer. Durch den Samenproduzenten 
            Benary kam ich Gottseidank kostengünstig an die gewünschte 
            Menge von 7,5 Kilo Samen heran.
            Wenn man Ringelblumen Anfang März aussät, blühen sie 
            angeblich Ende Mai,im Mittelmeerraum etwas früher. Anfang März 
            stand meine Wiese wegen ergiebiger Regenfälle unter Wasser und 
            so konnte ich außer dem Übertragen der Zeichnung auf die 
            Wiese nichts machen. Für diese Arbeit bekam ich überraschend 
            Hilfe aus Deutschland. Drei freiwillige Helfer. Zu viert benötigten 
            wir etwa 9 Stunden. Erst schlugen wir alle fünf Meter einen Stecken 
            in die Erde, die das Grundraster ergaben. Mit kleinen Stöckchen, 
            an denen Plastikbänder befestigt waren, wegen der besseren Sichtbarkeit, 
            übertrugen wir so mit etwas künstlerischer Freiheit und 
            Intuition die Konturen des Kleinen Prinzen. Erst Ende März war 
            es möglich, diese Konturen weiter zu bearbeiten. Zuerst mußte 
            ich das Gras bis auf die Erde abmähen, um dann den nun fast trockenen 
            Boden umfräsen zu können. Da aber die Wiese über fünfzehn 
            Jahre nicht umgeackert war, entwickelte sich dies zu einem Gewaltakt. 
            Trotz einer 12 PS Fräse mußte ich viele Partien mit einem 
            Spaten von Hand nachbearbeiten, was mir noch Tage danach sehr schmerzlich 
            in Erinnerung war. Schließlich säte ich die Ringelblumen 
            in die aufgelockerte Erde. Insgesamt habe ich ungefähr zwei Wochen 
            vom Zeitpunkt des Zeichnens bis zum Aussäen benötigt, wenn 
            ich die verschiedenen Unterbrechungen nicht dazuzähle.
            Nun war das Bild aus der Luft schon sichtbar. Zwar noch nicht mit 
            den Blumen, sondern man sah die helle Erde gut mit der grünen 
            Wiese kontrastieren.
            Ich charterte nun zweimal ein Sportflugzeug, um Fotos zu machen, für 
            die Dokumentation. 
            Ein Journalist der örtlichen Presse sah den Kleinen Prinzen und 
            machte mich über die Ecole des Beaux-Arts ausfindig. So kam der 
            1.Artikel in der Toulouser Zeitung »La Dépêche 
            du Midi« zustande.
            Es folgten »Le Figaro«, »La Liberation«, »France 
            Soir«, »Mon Quotidien«, »Le Point de vue« 
            und das »Journal d’Informations Communales de Cornebarrieu«. 
            Auf diese Weise wurde mir plötzlich klar, daß ich auch 
            die Menschen erinnern konnte an die Botschaften von St-Ex, die nicht 
            die Möglichkeit besaßen es aus einem Flugzeug heraus zu 
            sehen.
            Binnen zwei Wochen hatte ich mehrere Radiointerviews geben müssen, 
            in fast allen großen französischen Tageszeitungen waren 
            meine Luftbilder abgedruckt und etwa sieben nationale und internationale 
            Fernsehsender bekundeten Interesse für den Moment des Blühens 
            der Ringelblumen. Interessant dabei war immer eines. Wenn ich erzählte, 
            daß da in der Einflugschneise der Kleine Prinz eingegraben in 
            der Erde liegt, waren alle erstaunt. Fügte ich noch hinzu, daß 
            da aber noch 7,5 Kilo Ringelblumensamen darauf warten, später 
            Blüten auszubilden, waren Sie fasziniert von meiner Idee.
            Über Dritte hörte ich, daß die Versuchspiloten von 
            Airbus Industries über den »Kleinen Prinzen« auf 
            der Wiese berichteten.
            Auf einem Oldtimerflugtag in Toulouse sah ich zum erstenmal eine Maschine 
            des Typs Lockhed Lightning P-38, wie sie Saint-Ex flog, als er ums 
            Leben kam. Es war beeindruckend. Nur eben diese Maschinen wurden bei 
            der Landung der Alliierten in der Normandie benutzt, denn sie waren 
            signifikant für die amerikanischen Artellerieschützen, die 
            auf den Schiffen vor der Küste lagen. Durch seinen Doppelrumpf 
            war die Maschine von den deutschen Flugzeugen zu unterscheiden, die 
            nur einen Rumpf besaßen.
            Auf diesem Flugtag hat mir ein Pilot von MartinAir/Holland etwas auf 
            ein Blatt Papier gekritzelt, nachdem ich ihn nach seinen Beruf ausgefragt 
            hatte. Er notierte: »Pilot zu sein ist sehr einfach. Es ist 
            nicht schwer und es macht Spaß.« 
            Piloten, die mich zwecks Luftbildaufnahmen über den »Kleinen 
            Prinzen« brachten, waren sehr beeindruckt. Der Pilot des ersten 
            Fluges verzichtete vor Begeisterung auf die Bezahlung des Fluges. 
            Andere Piloten, denen ich ein Luftbild zeigte, waren sehr erstaunt 
            und erfreut, daß ich die Arbeit ihnen gewidmet habe.
            Nach dem nassen Frühling folgte ein ausgesprochen heißer 
            Frühsommer, der den Blumen sehr schadete. Ich goß einmal 
            mit Unterstützung der Gemeinde Cornebarrieu die Pflanzen mit 
            9000 l Wasser. Einmal goß ich nur mit zwei Gießkannen 
            in den Händen die 600 Quadratmeter Fläche. Hier ist zu erwähnen, 
            daß mein Bauer einer vom alten Schlag war und sich wohl auch 
            sehr gut mit dem Kleinen Prinzen auskannte. Über Studenten hatte 
            er die übliche Meinung, daß Sie nur herumsitzen. Außerdem 
            sollte ich einmal die Pflanzen gegossen haben, so wie der Kleine Prinz 
            seine Rose, eben mit Gießkannen. Er untersagte mir die Installation 
            einer Sprinkleranlage, erstens, weil ich es mir dadurch zu einfach 
            machen würde und zweitens, weil er es nicht wollte. Und wenn 
            er etwas nicht wollte auf seiner Domaine, so mußte es auch befolgt 
            werden. Nach dem Motto: »Le roi c’est moi«, der 
            König bin ich.
            Zur Beendigung meiner schriftlichen Diplomarbeit mußte ich nach 
            Deutschland zurück. Ich mußte meine Ringelblumen, die »soucis«, 
            in deutsch »die Sorgen«, ihrem Schicksal überlassen.
            Als ich Mitte Juli nach Toulouse zurückkehrte, stellte ich fest, 
            daß der »Kleine Prinz« auf der Wiese wieder verschwunden 
            war wie der Kleine Prinz in der Wüste und wie St-Exupéry 
            über dem Mittelmeer. Die halbvertrocknete Wiese bildete mit den 
            halbvertrockneten Blumen eine Einheit.
            Ich war entsetzt. Vorbei waren meine Träume von tausenden gelborangen 
            Blüten in der Wiese, die aus der Luft an St-Ex erinnern sollten... 
            .
            Aber ein kleines „happy end“ gibt es doch.
            Nach dem Verdörren der Blumen geschah noch ein kleines Wunder. 
            
            Kurz die Geschichte:
            Nach der Beendigung der Feldarbeiten im April suchte ich nach Möglichkeiten, 
            Luftbildaufnahmen aus einem Hubschrauber machen zu können. Durch 
            Zufall kam ich an die Adresse eines Mitarbeiters von Airbus Industries, 
            der unter anderem für Luftbildaufnahmen verantwortlich ist. Dieser 
            fand Gefallen an meiner Arbeit und fragte mich, ob Airbus - Industries 
            zu meinem Bild auf der Wiese etwas hinzufügen dürfe – 
            beispielsweise ein Flugzeug vpm Typ Airbus, denn sie hätten 1995 
            ihr 25 jähriges Firmenjubiläum. Ich lehnte dies zuerst ab, 
            weil ich glaubte, daß dies meiner Arbeit schaden könnte. 
            Schließlich gab ich aber doch meine Einwilligung, daß 
            sie dieses Flugzeug meinem Bild hinzufügen dürften in der 
            Weise, daß der „Kleine Prinz“ einen Airbus spielerisch 
            in der Hand halten sollte. Wenig später nach meinem letzten Abflug 
            von Toulouse fing Airbus Industries an, nur die Konturen des »Kleinen 
            Prinzen« gießen zu lassen. Sieben Wochen lang goß 
            ein Gemeindearbeiter in ihrem Auftrag tagtäglich sechs Stunden 
            lang, auch am Sonntag. So entstand dieses Bild, das heute noch zu 
            sehen ist und folgendes ausdrücken soll.
            1. Der »Kleine Prinz« als Zeichen für Antoine de 
            Saint-Exupéry und seiner Kollegen, der Flugpioniere und Helden 
            jener Zeit.
            2. Der »Kleine Prinz« als riesiges Plakat, das zu den 
            Piloten und Passagieren spricht, die darüber hinwegfliegen.
            3. Die Silhouette eines Airbus A-340, der in Toulouse entwickelt wurde 
            und gebaut wird. Dieser gilt als Repräsentant für das Zentrum 
            der Europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie und in Toulouse 
            als Zeichen für den Fortschritt in der Luftfahrt, für die 
            Antoine de Saint-Exupéry einer der Wegbereiter war.
            Durch meinen »Kleinen Prinzen« wollte ich eine neue Spur 
            legen.
            Ich habe nicht mit dem Pinsel oder dem Zeichenstift gearbeitet, sondern 
            mit einer Motorfräse in der Erde von Cornebarrieu. Meine Auseinandersetzung 
            mit Saint-Exupéry und seinem „Kleinen Prinzen“ 
            hatte auch etwas zu tun mit dem Willen, eine Wiese zu verändern, 
            persönliche Kraft einzusetzen, um ein Stück Land zuverändern 
            - zu pflügen, zu säen, zu gießen.
            Das Blühen und das Vergehen und Verschwinden der Blumen waren 
            eingeplant, aber nicht berechenbar. Das Vergehen trat früher 
            ein, als ich erwartet hatte.
            Eingeplant, aber nicht voraussehbar war die Wirkung, das eine derartige 
            Arbeit auf die Menschen von Cornebarrieu, auf die Piloten und Passagiere 
            der Flugzeuge und auf die Presse in Frankreich und Deutschland haben 
            würde. Mein Bauer, der Patron der Domaine de Fitou, den seine 
            Familie fast für verrückt erklärte, als er mir die 
            Wiese überlassen hatte, ist heute stolz auf den »kleinen 
            Prinzen«, der auf seine Wiese zurückgekommen ist. Ich wollte 
            erinnern an den strahlenden Geist von Antoine Jean-Baptiste Marie 
            Roger de Saint-Exupéry und seine Mahnung an die Menschheit, 
            daran zu denken, daß wir alle im gleichen Boot »Erde« 
            sitzen und jeder Verantwortung tragen muß für die anderen 
            Menschen.
            Warum Presse?
            Weil ich die Botschaften des „Kleinen Prinzen“, die auch 
            heute noch gültig sind, wieder in Erinnerung bringen wollte.
            z.B. Wir sind verantwortlich für die Menschen, die wir uns vertraut 
            gemacht haben.
            Jeder ist verantwortlich für alle Menschen.
            St.Ex wäre sicherlich nicht einverstanden mit den Atomtests, 
            denn er liebte die Schöpfung, die Erde, die er so oft aus der 
            Höhe betrachtet hat.
            „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für 
            die Augen unsichtbar.“
            Darüber darf man aber die deutsch - französische Annäherung 
            und Verständigung nicht vergessen.
            Mozart war sein Lieblingskomponist. ©matthiasdemel, D-97273Kürnach
Airbus Industries Marsen Knut A380 A340 Concorde A380
… 
          Als Bezug zu Saint-Exupéry ist die Wahl des Kleinen Prinzen nicht 
          neutral und nicht allein auf oberflächliche Weise zu sehen.
          
          - „ Zur Zeit Saint-Exupérys waren Piloten noch „Helden“, 
          sagt Matthias. Man verliert heute die Einschätzung der Schwierigkeit 
          ihres Berufes. Etwas für sie zu tun, ist eine verdiente Ehrenbezeugung.“
          
          - Ein Plakat aus Blumen ist keine zufällige Wahl. Die Blumen erblühen 
          eines Tages, dann verschwinden sie … wie der kleine Prinz … 
          ein wenig Poesie im Kerosindampf.
          
          - Schließlich, und das war das vorgeschriebene Thema, sehen die 
          Menschen des Ballungszentrums Toulouse, gebunden an ihre Traditionen 
          und Wurzeln, die unanfechtbare Beziehung zur Luftfahrt in die Erde eingegraben.
          
          Artikel aus dem Journal d’Informations Communales (Mitteilungsblatt) 
          von Cornebarrieu, April 1995